Die Kunst und die Öffentlichkeit
Entsprechend der europäischen - der menschlichen vorurteilsbehafteten
- Mentalität mag der Verdacht aufkommen, dass die Bereitschaft der
Einwohner des winzigen afrikanischen Dorfes Pedakondji, sich zeitgenössischer
Kunst anzunähern, äusserst gering erscheint. Dabei immer von
der Voraussetzung ausgehend, dass die Mehrzahl der Bevölkerung des
Lesens und Schreibens unkundig ist und zudem bisher wohl kaum Zugang zu
moderner Kunst besaß.
Die Bürger Pédakondjis und der umliegenden Dörfer bewiesen
afrikanische Toleranz und Aufgeschlossenheit. Tatsächlich interessierte
sich die togolesische Bevölkerung für Werk und Arbeit der zugereisten
Künstler in sehr viel stärkerem Maße als dies in Alsdorf
festzustellen war.
In Pedakondji waren Atelierbesuche und Gespräche mit den Projektteilnehmern
alltäglich und gehörten zur Normalität.
Anonymität und Zurückhaltung, das Leben hinter verschlossenen
Türen, gehören zu den Alltäglichkeiten des zwischenmenschlichen
Umgangs in Deutschland. Charakteristiken, die den Umgang mit den Künstlern
in Alsdorf im wesentlichen prägten, und die Anteilnahme der Bevölkerung
an der Arbeit der Künstler, im Vergleich zu den togolesischen Erfahrungen,
als gering erscheinen ließen.
Im Konzept der Initiative „Afrikanisch-Europäische Inspiration"
wurde die kooperative Zusammenarbeit mit Multiplikatoren der öffentlichen
Hand und mit vergleichbaren privaten Organisatoren festgeschrieben.
Beide Projektphasen, sowohl in Pédakondji/Lomé, wie auch
in Alsdorf, wurden deshalb in Zusammenarbeit mit Schulen und kulturellen
Institutionen und von Workshops begleitet.
Die Medien Togos und auch in der Bundesrepublik, Presse und Fernsehen,
berichteten in teilweise ausführlichen Berichten über das Ereignis.
Kunst setzt sich keine Grenzen. Sie ist in der wahren Bedeutung des
Wortes und in jeder Beziehung „grenzüberschreitend".
Kunst besitzt Mittlerfunktion, was in der Anteilnahme der interessierten
Öffentlichkeit sowohl in Togo wie auch in Deutschland erneut bestätigt
wurde.
Kunst überwindet nicht nur die trennenden Grenzen der Nationalitäten,
sondern auch der Mentalitäten.
Dass Kunst in der, von Han Rameckers auf den Punkt gebrachten Feststellung
„sprachlos" ist, gehört zur Strategie der Kunst. Über
die visuelle Eindrücke vermittelnde Alternative zur Sprache, entzieht
sich Kunst der Sprache ebenso, wie Kunst die Barrieren der Vielfalt der
verschiedenen Sprachen im günstigsten Fall zu überwinden vermag.
Die in Togo und in der Bundesrepublik entstandenen Kunstwerke stellen
Fragen zur Diskussion, die niemals eindeutig zu beantworten sind. Dennoch
oder gerade deswegen ist das Ziel, Afrika und Europa wenigstens kulturell
zu einen, einen Versuch wert.
Die Diskussionen, die im Verlauf des Projektes innerhalb und ausserhalb
zu teilweise provokanten Irritationen führten, haben nachhaltigen
Eindruck hinterlassen.
Sie werden den interkulturellen Dialog auch weiterhin begleiten. „Afrikanisch-Europäische
Inspiration" ist ein Versuch, über die Mittlerfunktion der Kunst,
neue Wege zu den Menschen verschiedener Kulturen, Religion und Philosophie
in der Alltäglichkeit des Lebens zu erschliessen.