Alle versuchten auf eigene
Art und Weise, dem Unsichtbaren und Nichtfaßbaren mit einer
eigenen Strategie „auf die Spur zu kommmen". Die gehegten
inneren und eigenen Traumbilder sahen sich mit einer anderen Wirklichkeit
konfrontiert, sie forderten eine kritische Überprüfung.
Alle, ohne Ausnahme, begegneten eigenen und zuvor unbekannten
Problemen. Eine ins paradoxe gesteigerte Nervosität bemächtigte
sich der europäischen Künstler ob des verlangsamten, afrikanischen
Zeitgefühls. Die Gelassenheit, der Rhythmus des afrikanischen
Alltagslebens und die klimatischen Umstände sollten sich als
gewöhnungsbedürftig erweisen. Die unzähligen, neuartigen
Eindrücke mußten - wenn auch von allen erwartet und erwünscht
- so doch erst bewältigt werden. In unzähligen Gesprächen
mit den einheimischen Dorfbewohnern wie auch mit den eigenen Kollegen
wurde versucht, die Zusammenhänge des afrikanischen Lebens
und Denkens zu ergründen und in etwas weniger chaotische, in
ruhige Bahnen zu lenken.
Von Fall zu Fall wurde deutlich, daß viele der persönlichen
Schwierigkeiten und der unvermeindlichen Konflikte innerhalb der
Gruppe, nachkoloniale Verhältnisse reflektieren, dass Spuren
im Denken und Handeln jedes einzelnen zurückgeblieben sind.
(Gutgemeinte) Kritik der europäischen Kollegen als solche zu
erkennen und zu akzeptieren bereitete den afrikanischen Künstlern
in der Diskussion Schwierigkeiten. Allzuschnell beherrschten Klischees
von Bevormundung und Dominanz die Debatten.
Das Traumbild vom „Paradies Europa", seit jeher und
seit frühester Kindheit in den Köpfen der Afrikaner
fest verankert, wurde, wenn die Gegebenheiten des alltäglichen
Lebens und Überlebens in den persönlichen Schilderungen
der europäischen Künstler zur Sprache kamen, ziemlich
rasch obsolet. In den gemeinsamen Gesprächen wurde so
manches „Wissen" über die europäische
Lebenswirklichkeit als Vorurteil entlarvt. Nicht immer zur
allgemeinen Begeisterung, wurden die Zerrbilder der Normalität
auf dem jeweils anderen Kontinent zurechtgerückt.
Das Projekt hatte sich die verpflichtende Aufgabe gestellt, persönliche
Kontakte jenseits oberflächlicher Begegnung zu knüpfen.
Sich gegenseitig kennen und verstehen zu lernen und sich im wechselseitigen
Austausch verständlich zu machen. Ein schwieriger Prozeß,
der gegenseitige Annäherung verlangte und der mithelfen und
versuchen sollte, die unterschiedliche Interpretation der Begriffe
im allgemeinen Netzwerk der Kunst und des persönlichen künstlerischen
Selbstverständnisses zu klären. Für die europäischen
Künstler wurden die gesammelten Erkenntnisse zur lehrsamen
Erfahrung, was es bedeuten mag, auf den afrikanischen Kontinent
ohne die Funktion eines wohlorganisierten Kunstmarktes, ohne nennenswerte
Museumslandschaft, ohne Galerien und Kunstsammler überleben
und bestehen zu müssen.
Nach geraumer Zeit und nach unterschiedlich empfundener Gewöhnungsphase,
fanden die meisten der am Experiment Beteiligten zum kreativen Schaffen
zurück.